Angekündigt wurde Ronnie uns als Hundeanfängern als relaxter, unkomplizierter, verträglicher Hund. Seine Vorgeschichte war unbekannt, er wurde mit ca. 2 Jahren als Streuner aufgegriffen, und es ist zu vermuten, dass er wie so viele andere spanische Windhunde nach der Jagd einfach ausgemustert und zurückgelassen wurde. Bei uns zeigte sich dann schnell, dass diese Beschreibung so nicht stimmte: zwar bereiteten ihm Straßenverkehr und Umweltlärm keinerlei Schwierigkeiten, aber Ronnie versuchte uns das Essen auf dem Tisch streitig zu machen, weigerte sich im Gegenzug Hundefutter zu fressen und fing nach einer gewissen Zeit an, meinen Mann anzuknurren, wenn der mit ihm Gassi gehen wollte. Das größte Problem war jedoch, dass er auf der Straße beim Anblick fremder Hund zunehmend völlig außer sich geriet, wild in die Luft sprang, bellte und um sich biss. Im ersten Jahr haben unsere Hosen und mein Bein dadurch einige Löcher davongetragen, so dass ich mich schließlich dazu entschloss, ihn draußen immer mit Maulkorb zu führen…
Trainer geben sich geschlagen Alarmiert hatte ich mir schon bald nach Ronnies Ankunft Hilfe gesucht, und eine Odyssee durch das Spektrum der verschiedenen Trainingsmethoden begann: eine Kekschenwerferin scheiterte krachend, zumal ihre eigene, als Übungshund eingesetzte Hündin auch noch auf Ronnie losging. Als Ronnie zusätzlich anfing, Passanten auf der Straße anzubellen, Besucher bei uns in der Wohnung anzugehen und schließlich einen Nachbarn ins Gesicht biss, warf sie das Handtuch und riet zur Abgabe. Eine vom Bissopfer wegen eines Wesenstests eingeschaltete Verhaltentierärztin stellte fest, dass Ronnie hochgradig unsicher sei und aber auch gelernt habe, sich nur auf sich selbst zu verlassen.
Führung übernehmen Wie man diese dringend notwendige Führungsrolle einnehmen kann, lernte ich dann von einer weiteren Trainerin, die mir zeigte, wie sehr (vorübergehende) Einschränkungen wie z.B. eine kurze Leine und ein fest zugewiesener Platz Sicherheit vermitteln können. Das Training mit ihr brachte uns deutlich voran, Ronnie ging nicht mehr auf Besucher los und fügte sich zusehends besser ein - aber die kopflose Panik beim Anblick anderer Hunde blieb! Die Trainerin gab sich geschlagen mit der Aussage, diese Ängste seien geprägt und damit untherapierbar… Medikamente gegen die Angst Nachdem ich sah, dass in diesem Bereich jeglicher Trainingserfolg ausblieb, stellte ich Ronnie nochmals bei der Verhaltenstierärztin vor und besprach mit ihr den Einsatz eines angstlösenden Medikaments. Sie sah seine allgemeinen Fortschritte, unser mittlerweile an sich solides Verhältnis und verordnete dann ein Antidepressivum mit der eindringlichen Maßgabe, die Zeit der Medikamentengabe unbedingt für ein intensives Training zu nutzen. In diesem insgesamt gut einem Jahr konnte ich Ronnie soweit bringen,dass er mit straffer Führung an einem ruhigen Hund in ca. 10-15 m Entfernung vorbeigehen kann,ohne aufzuheulen und um sich zu beißen,außerdem erarbeiteten wir uns einen ersten Hundefreund, einen souveränen, älteren Rüden.
|
|
Auch nach dem behutsamen Ausschleichen des Medikaments blieb dieser Erfolg bestehen und ließ sich insoweit ausbauen, dass die straffe Führung bei Hundebegegnungen auf Distanz etwas gelockert werden konnte und der Maulkorb mittlerweile nicht mehr benötigt wird, außerdem haben wir uns nach unserer eigenen, bewährten Methode einen weiteren Hundefreund erarbeitet und mit einer Trainerin noch einmal die - sehr behutsame - Kontaktaufnahme mit geeigneten anderen Hunden geübt.
Freilauf genießen Heute ist Ronnie zwar noch immer ein Hund, der - wie von der Verhaltenstierärztin prognostiziert - niemals einfach so nebenher läuft, sondern der insbesondere in Stresssituationen ganz klare Anordnungen braucht, wie er sich jetzt verhalten soll. Wir haben gelernt, seine (teilweise rassebedingte) Distanziertheit den meisten fremden Menschen gegenüber zu akzeptieren und managen ihn dementsprechend, d.h. er darf dabei sein, bleibt aber außen vor, läuft nicht zur Tür, wenn es klingelt und jemand kommt, und sein Kontakt zu den meisten Besuchern beschränkt sich darauf, dass er bestenfalls mal kurz an ihnen schnuppert. Seit wir es so halten, ist es nie wieder zu kritischen Situationen mit Menschen gekommen, und auch Ronnie selbst macht den Eindruck, dass er sich so am wohlsten fühlt. Wir ersparen ihm größere, unübersichtliche Menschenansammlungen, in denen Hunde herumwuseln könnten (Restaurants, öffentliche Veranstaltungen, Märkte) und machen es uns dabei zunutze, dass er nach einer kurzen Eingewöhnungszeit von Anfang an bis heute gut allein zu Hause bleiben kann und die Zeit regelmäßig verschläft. Was das Thema Hundebegegnungen betrifft, so war mir bald klar, dass Ronnie niemals ein Hund sein wird, der sich auf stark frequentierten Hundeausläufen wohlfühlen wird. Deshalb war es mir um so wichtiger, mit ihm konsequent an seinem Grundgehorsam zu üben, damit ich ihn auch außerhalb gesicherter Freilaufflächen in wildarmen Gebieten ableinen kann. Dies ist gelungen, weshalb er nun in einem übersichtlichen Gebiet, in dem nicht all zu viele Hunde in Kontakt- und Spielabsichten unterwegs sind, seinen Freilauf genießen kann. Fremdhundebegegnungen vermeiden wir, wobei er in den Fällen, wo es doch dazu kam, zwar meistens energisch mit Abwehr reagiert, aber nicht mehr unangemessen heftig; zudem ist der Zwischenfall, anders als früher, danach sofort wieder vergessen.
Autor Irene Bodt-Bregu |
Klick auf das Buch und lies die ganze Geschichte von Ronnie
|